13. September 2013, Text: Katrin Meier, Foto: iStock
Lothar Arnold: Leider ist es tatsächlich so, dass das Thema Versicherungen oftmals kurz vor dem «Go to Market» erfolgt. Dann sind spezifische und geeignete Lösungen immer etwas schwierig. Das Thema Versicherungen sollte bereits auf der Ebene des Businessplans prominent verankert sein. Gerade weil Versicherungsprämien im Voraus geschuldet sind und die Liquidität eines Startups massgeblich belasten. Es ist erstaunlich, dass auch die Geldgeber – also die Banken – diesem Thema immer erst relativ spät begegnen. Thematisiert man diese Bereiche rechtzeitig, könnte man die geplante Marktleistung bewusst auch darauf ausrichten.
Angenommen, ein Unternehmer plant Exporte in die USA oder Kanada. Diese sind wegen der schwer kalkulierbaren Produktehaftpflicht-Risiken extrem teuer und teilweise nicht mehr versicherbar. Ich rate daher, vorerst auf einen Markteintritt in solche Länder zu verzichten. Wenn die Reservekasse des Unternehmens genügend alimentiert ist, kann man sich dann guten Gewissens eine solche Markterweiterung leisten.
Das kommt auf die Unternehmensgrösse an. Wir versuchen zum Beispiel abzuschätzen, wie die Marktleistung des Kunden aussieht, wie er das Unternehmen oder Produkt im Markt positioniert, welche Chancen und Gefahren vorhanden sind und welche Strategie verfolgt wird. Wichtig ist auch, alle Phasen des Unternehmens-Lebenszyklus einmal durchzuspielen – vom Startup über Erfolg und Krisen bis zum Generationenwechsel. Weitere Aspekte, die wir uns ansehen, sind das interne Qualitäts- und Risikomanagement sowie das Finanzmanagement. Auf dieser Basis erstellen wir eine passende Konzeption und reichern diese mit geeigneten Produktelösungen an, welche idealerweise auch eine bestimmte Flexibilität hinsichtlich der weiteren Unternehmensentwicklung beinhalten
Ein Unternehmensgründer ist meist mit knappen finanziellen Mitteln ausgestattet. Wichtig ist deshalb, die existenzbedrohenden Risiken zu ermitteln und sie mit möglichst liquiditätsschonenden Lösungen abzudecken. Die Frage ist immer: Welches sind die grössten Risiken, und wie kann man sie mit möglichst wenig Mitteln absichern? Auf «nice to have»-Lösungen sollte verzichtet werden. Die ideale Lösung ist so konzipiert, dass sie im Laufe der Unternehmensentwicklung möglichst einfach angepasst werden können.
Bei Tech-Startups braucht es ganz sicher eine Top-Abdeckung der Dritthaftpflichtrisiken. Dann ist der Schutz der Produktionsgüter wie Maschinen, Einrichtung und Lager wichtig. Eventuell auch die Abdeckung von Transport- und Montagerisiken. Sobald Personal eingestellt wird, müssen die Versicherungen im Bereich der obligatorischen, gesetzlichen Vorsorge bedacht werden. Dazu gehören die AHV, ALV, EO, Unfallversicherung und Pensionskassenversicherung. Auch weitere Personalrisiken sind mitzuversichern, zum Beispiel Lohnausfall bei Krankheit und Ersatz von Schlüsselpersonen.
Auf alles, was kapitalintensiv ist. Also auf Lösungen, die zum Beispiel im Bereich der optimierten Altersvorsorge anzusiedeln sind. Zwar sind Versicherungen wie Dritthaftpflicht und Schutz der Betriebsmittel nicht obligatorisch, aber letztlich eben unverzichtbar.
Nebst den bereits erwähnten Versicherungen sollte man hier an den Schutz der IT (Server, Peripheriegeräte etc.) denken. Zudem an Umsatzausfall, falls die IT durch einen versicherten Schaden nicht verfügbar ist und damit die Markleistung für die User nicht nutzbar wäre. Falls die Dienstleistung auch die Entwicklung und den Betrieb kundenspezifischer Software enthält, sollte man im Rahmen der Dritthaftpflichtversicherung auch eine Deckungserweiterung für Folgeschäden aus fehlerhafter Programmierung denken. Eine solche Deckungserweiterung ist aber extrem teuer und unterliegt einer rigorosen Risikoselektion seitens des Versicherers.
Das Risiko von Patentrechtsverletzungen ist in den USA natürlich enorm gross. Auch in Deutschland gewinnt diese Problematik zunehmend an Bedeutung, und die Schweiz bleibt davon sicher auch nicht verschont. Patentrechtsverletzungen können teure Prozesse, Entschädigungsfolgen und sogar das Vertriebsverbot und damit das Aus für ein Produkt und allenfalls das Unternehmen zur Folge haben. Auf dem Markt existieren Versicherungsprodukte, welche im Rahmen der Haftpflichtversicherung Schutz für solche Folgen bieten. Diese dürften aber einerseits enorm teuer sein und wären andererseits auch an eine knallharte Risikoselektion seitens des Risikoträgers (Versicherers) gebunden. Mit anderen Worten: Nur wer einen höchstwertigen Qualitätsnachweis erbringen kann, wird überhaupt versichert.
Sie werden sich wohl eher hüten, solche Produkte in ihre Palette aufzunehmen – wegen der tendenziellen Nicht-Kalkulierbarkeit der Folgen und wegen der eingeschränkten Kollektivität. Meines Erachtens gehören die Risiken der Patentrechtsverletzungen eh zum klassischen Unternehmerrisiko, welches letztlich nicht auf Dritte, sprich Versicherer, übertragen werden kann. Innovation ist einerseits eine Chance reich zu werden andererseits eben auch eine Gefahr zum Untergang, welche klassischerweise beim Unternehmer selbst verbleiben muss.
Lothar Arnold ist seit 2001 Generalagent der Helvetia Generalagentur Sursee. Als Eidg. dipl. Verkaufsleiter und erfahrener Teamleiter hat er sich in den vergangenen Jahren ein breites Wissen über Versicherungsprodukte aller Art angeeignet. Eines seiner Spezialgebiete ist die Beratung bei Firmengründungen.