Sehr geehrter Herr M.
Ist ein Radweg klar signalisiert, verpflichtet er Velofahrer (und übrigens auch E-Bike-Fahrer) zur Nutzung. Entscheidend ist die Signalisation vor Ort: Ist der Radweg von der Strasse baulich getrennt und explizit mit «Radweg» gekennzeichnet, steht er ausschliesslich Radfahrern zur Verfügung. Solche Wege müssen Sie auch als Rennvelofahrer benutzen; für die Benützung des Radwegs besteht ein Obligatorium (Art. 46 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 33 SSV). Missachten Sie diese Benutzungspflicht, können Sie mit einer Ordnungsbusse von 100 Franken bestraft werden.
Es gibt aber auch Wege, die mit dem Signal «Fussweg» und dem Zusatz «Radfahrer gestattet» oder gar ohne spezielle Signalisation gekennzeichnet sind. Bei diesen Wegen besteht für Velofahrer keine Benutzungspflicht. Sie dürften also in diesem Fall mit dem Rennvelo auf der Strasse fahren.
Auch Fahrer von «schnellen» E-Bikes der Kategorie M (Tretunterstützung bis 45 km/h) dürfen übrigens Fussgängerflächen benützen, die mit dem beim Hinweisschild «Velo gestattet» gekennzeichnet sind. Allerdings müssen sie dafür den Motor abschalten. Dies gilt auch bei Strassen mit Mofaverbot (Art. 19 Abs. 1 lit. c SSV; Merkblatt ASTRA).
Wenn Sie den Radweg bewusst missachten und in einen Unfall verwickelt werden, ist die Haftungsfrage nicht ganz einfach zu beantworten. Entscheidend ist, welche Verkehrsregeln die am Unfall beteiligten Personen verletzt haben. Stellen wir uns folgende Situation vor, die Sie in Ihrer Frage antönen: Sie fahren mit dem Rennvelo auf der Strasse. Ein Autofahrer fühlt sich dadurch eingeschränkt und hupt lautstark, um Sie darauf aufmerksam zu machen, den Radweg zu benutzen. Durch das Hupen erschrecken Sie derart, dass Sie stürzen und sich verletzen. In dieser Situation müsste man klären, ob sich der Autofahrer wegen missbräuchlicher Verwendung von Warnsignalen strafbar gemacht hat (Art. 40 SVG). Warnsignale dürfen nur dort verwendet werden, wo die Verkehrssicherheit dies erfordert (Art. 29 VRV).
Sollte sich der Autofahrer durch das Hupen tatsächlich strafbar gemacht haben, stellt sich weiter die Frage, ob das Hupen auch für den Sturz des Velofahrers verantwortlich gemacht werden kann. Hier wird die zuständige Strafbehörde in einem solchen Fall abklären müssen, ob sich der Velofahrer durch das «Erschrecken» eine eigene Fehlreaktion und damit ein selbstverschuldetes Nichtbeherrschen des Fahrrades entgegenhalten muss oder nicht.
Letztlich wäre dann noch die Frage zu klären, ob sich der Autofahrer zusätzlich zu einem allfälligen Verschulden noch die sogenannte Betriebsgefahr anrechnen lassen müsste. Vom Gebrauch des Autos geht generell eine besondere Gefährlichkeit für schwächere Verkehrsteilnehmer aus. Diese erhöhte Gefährdung wird – auch ohne eigenes Verschulden am Unfall – stets dem Autofahrer angerechnet.